Läufigkeit bei Ihrer Hündin – das passiert mit Ihrem Tier und so sollten Sie reagieren

Im Interview mit Hundetrainer Bernd Baron

Ein- bis zweimal im Jahr ist es so weit: Die Läufigkeit Ihrer Hündin kündigt sich an. Ein ganz normaler Prozess, doch bei jeder Hündin ist er ganz unterschiedlich ausgeprägt. Verhaltensänderungen, unschöne Flecken auf dem Teppich und eine ungewollte Schwangerschaft, das bereitet einigen Hundehaltern während der Läufigkeit ihrer Hündin Sorgen. Hundetrainer Bernd Baron erklärt uns, was Hundehalter wissen und worauf Sie in dieser turbulenten Zeit achten sollten. 

Herr Baron, was passiert in der Zeit der Läufigkeit einer Hündin?

Die Läufigkeit ist ein Sexualzyklus, der ein- bis zweimal im Jahr bei einer intakten (nicht kastrierten) Hündin einsetzt, und bezeichnet die fruchtbare Phase. Der Zyklus dauert circa drei Wochen an, verläuft aber bei jeder Hündin sehr individuell. Der Läufigkeitsprozess unterteilt sich in vier Phasen: die Vorbrunst, die Brunst, die Nachbrunst und die Ruhephase. 

Woran können Halter die Läufigkeit ihrer Hündin erkennen?

Gerade während der Phase der Vorbrunst und Brunst gibt es Anzeichen, die auf die Läufigkeit der Hündin hinweisen: 

  • Die Hündin fängt an zu markieren (teilweise hebt sie dabei ihr Bein wie ein Rüde).
  • Rüden reagieren stark auf die Hündin. 
  • Die Hündin leckt und putzt verstärkt ihre Geschlechtsteile.
  • Die Vulva schwillt an
  • und blutiger Ausfluss tritt aus. Die Intensität variiert bei jeder Hündin. (Manche Halter bekommen davon nicht viel mit, da sich die Hündin ständig putzt.) 
  • Die Hündin ist stärker an den Duftmarken anderer Hunde interessiert
  • und reagiert eventuell nicht mehr so gut auf Kommandos, da sie draußen stärker abgelenkt ist.

Tipp: So können Sie häufig erkennen, ob Ihre Hündin deckbereit ist! 

Wenn Sie eine Hündin während der Brunstphase – der empfänglichen Zeit – am  Rutenansatz kraulen, dann legt diese häufig sofort ihre Rute zur Seite.

Kommt es während der Läufigkeit zu Verhaltensänderungen bei der Hündin?

Ja, oft sehr deutlich, und auch diese Veränderungen sind individuell. Jeder Hundehalter kennt seine Hündin und wenn die sich plötzlich verändert, dann kann das ein Anzeichen für ihre Läufigkeit sein. Häufige Anzeichen sind ein starke Anhänglichkeit, das Bedürfnis nach Körperkontakt, zickiges Verhalten, Appetitlosigkeit, Ruhelosigkeit, hohes Schlafbedürfnis, und manchmal zieht sich die Hündin auch zurück und sucht Ruhe. Viele Halter stellen auch fest, dass die Hündin in der Zeit der Läufigkeit schlechter auf sie hört und plötzlich Kommandos und Tricks vergisst. Das ist normal, denn die Sinnesreize sind in dieser Zeit für andere Dinge empfänglicher. Der veränderte Hormonhaushalt der Hündin sorgt für diese Veränderungen des Verhaltens. 

Hündin ruht sich auf einem Sessel aus.

Wichtig im Zusammenhang mit der Läufigkeit einer Hündin ist die Scheinschwangerschaft!

Im Falle einer Deckung würde eine Hündin etwa 63 Tage nach der Läufigkeit Welpen bekommen. Wird sie jedoch nicht gedeckt, dann folgt in der Regel eine Scheinschwangerschaft. Die meisten Hündinnen durchleben diese Phase, jedoch ist sie bei jeder Hündin unterschiedlich stark ausgeprägt. Einige Halter bemerken in dieser Zeit kaum Verhaltensänderungen. Andere Hündinnen entwickeln diese sehr stark. Sie bauen Nester aus Stofftieren und Spielzeug, niemand darf sich diesem Nest nähern und sie verteidigen diese auch vereinzelt. Bei sehr starker Ausprägung schießt bei manchen Hündinnen auch Milch in die Zitzen ein. Halter einer Hündin sollten deshalb wissen, dass Hündinnen diese Phase durchleben können.

Meistens erkennen Halter die Läufigkeit ihrer Hündin daran, dass sie sich „anders“ verhält – die Anzeichen sind dabei ganz individuell.

 

Haben Sie Tipps für Hundehalter?

Ja, führen Sie ein Läufigkeitsbuch für Ihre Hündin. Die Läufigkeit ist ein ziemlich genauer Zyklus. Tragen Sie deshalb von Beginn an die Tage ein, an denen Sie Anzeichen bemerken, und achten dann nach 6 bis 8 Monaten wieder auf diese Anzeichen. Machen Sie außerdem 63 Tage nach der Läufigkeit einen Vermerk, denn hier würden bei einer Deckung die Welpen kommen. So können Sie auf Anzeichen einer Scheinschwangerschaft schließen. Zu Beginn ist es vielleicht noch nicht ganz leicht, alle Anzeichen zu erkennen, aber nach einiger Zeit ergibt sich ein individuelles Muster. Irgendwann können Sie mit dem Läufigkeitsbuch den Zeitraum der Läufigkeit Ihrer Hündin ziemlich genau vorhersagen. Sie können sich auf diese Phase einstellen und erkennen es schnell, wenn etwas mit dem Zyklus nicht stimmt. 

Wichtig: Wenn der Zyklus nicht beginnt, stimmt etwas nicht und Sie müssen zum Tierarzt.

Was sollten Halter im Umgang mit ihrer läufigen Hündin beachten?

Gehen Sie individuell auf die Bedürfnisse Ihrer Hündin ein. Wenn sie Ruhe braucht, dann geben Sie ihr Ruhe. Wenn sie Ihre Nähe sucht, dann schenken Sie ihr auch die extra Streicheleinheiten. Zeigen Sie Verständnis für die Verhaltensänderungen in dieser Zeit.

Halterin küsst Hündin auf den Kopf.

Draußen, besonders bei Spaziergängen, gibt es ein paar Dinge, die Sie außerdem in der Zeit der Läufigkeit beachten sollten. 

  • Meiden Sie Routen, auf denen viele Rüden unterwegs sind. In dieser Zeit kann dies für die Hündin viel Stress bedeuten. Nutzen Sie in dieser Zeit ruhigere Strecken.

„Hündinnen hören in der Zeit der Läufigkeit teilweise nicht so gut wie gewohnt. Machen Sie trotzdem so weiter wie bisher – nur mit dem Wissen, dass vielleicht nicht alles so gut klappen wird wie sonst.“

 

In der Brunstphase zeigt auch die Hündin Initiative und läuft dann auch mal weg. Führen Sie Ihre Hündin während der gesamten Läufigkeit immer an der Leine

  • Prüfen Sie, ob Ihr Garten ausbruchsicher ist. Auch sollten Sie Ihre Hündin immer im Auge behalten, wenn am Zaun Kontakt zu einem fremden Hund möglich ist. Nicht selten kommt es zu einem zufälligen Deckakt durch den Gartenzaun.  
Was tun, wenn es doch zu einem Deckakt kommt?

Sollte es doch zu einem Deckakt kommen, dann trennen Sie die Hunde auf keinen Fall. Schreiten Sie nicht ein und lassen Sie die Hunde den Akt vollenden. Ziehen Sie die Tiere während des Aktes auseinander, dann kann es zu schwerwiegenden Verletzungen kommen. Suchen Sie nach dem Akt einen Tierarzt auf, der auch im Falle einer Befruchtung noch eingreifen kann, zum Beispiel mit der „Pille danach“

Es gibt Möglichkeiten, die Läufigkeit einer Hündin zu unterdrücken, zum Beispiel durch eine Kastration. Wie wirkt sich dies auf die Hündin aus?

Eine frühzeitige Kastration ist auf jeden Fall zu vermeiden. Die erste und auch die zweite Läufigkeit ist für die Hündin eine enorm wichtige Zeit. Während der ersten Läufigkeit weiß eine Hündin oft gar nicht, was gerade mit ihr passiert. Jedoch lernt sie sich in dieser Zeit zu behaupten. Nur in der Brunstphase ist die Hündin bereit, den Deckakt anzunehmen. In der Zeit vor und nach dieser Phase möchte die Hündin nichts von den meist sehr interessierten Rüden wissen und weist diese meist auch entschieden zurück. Dieses neue Verhalten gegenüber den Rüden kann das Selbstbewusstsein einer jungen Hündin deutlich stärken. Die erste und zweite Läufigkeit formt somit auch das Verhalten und den Charakter einer Hündin – ein wichtiger Entwicklungsschritt, der für ihr zukünftiges Leben sehr wichtig sein kann.

 

„In ihrer ersten Läufigkeit erfährt auch eine kleine Hündin, dass sie einen großen Rüden vertreiben kann, und erhält so einen enormen Schub für das Selbstbewusstsein.“

 

Aus Verhaltenssicht ist eine Kastration vor der zweiten Läufigkeit somit zu vermeiden. Kommt es zu einer frühzeitigen Kastration, dann kann es sein, dass sich das Verhalten der Hündin nicht entsprechend entwickelt. Sehr häufig haben diese Hündinnen weniger Selbstbewusstsein und zeigen sich auch öfter ängstlich und zurückhaltend.

Die Läufigkeit ist für Ihre Hündin ein ganz natürlicher Prozess, der ganz individuell ausgeprägt ist. Sie können Ihre Hündin in dieser Zeit unterstützen, indem Sie bewusst auf ihre Bedürfnisse eingehen. In den meisten Fällen ist diese Phase dann eine ganz unbeschwerte Zeit.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Baron!

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