Kokosöl für den Hund – Superfood oder mehr Schein als Sein?
Wirkt Kokosöl beim Hund? Tierarzt Dr. Andreas Seide im Interview
Unser Interviewpartner
Tierarzt Dr. Andreas Seide arbeitet seit 1998 in Bremen mit seinem Team für das Wohl seiner Patienten.
Herr Dr. Seide, warum gilt Kokosöl für den Hund als Superfood?
Immer wieder beobachten wir, dass unsere Ernährungstrends auch auf Hunde überschwappen. So wie im Fall von Kokosöl. Kokosöl besteht hauptsächlich aus gesättigten Fettsäuren, insbesondere der mittelkettigen Fettsäuren (MCTs) Laurinsäure und Kaprinsäure. Diese können eine antibakterielle Wirkung haben – im Kokosöl ist die Konzentration aber tatsächlich nur sehr gering.
Wie können die enthaltenen Fettsäuren im Kokosöl für den Hund wirken?
Bis jetzt gibt es sehr wenig wissenschaftliche Studien zur Wirkung von Kokosöl beim Hund. Kokosöl kann vorübergehend gegen Flöhe wirken. Für einen ausreichenden Schutz müssen Sie Ihren Hund aber nahezu täglich mit Kokosöl einreiben.
Kokosöl schützt die Umgebung nicht vor dem Flohbefall.
Die Flöhe halten sich aufgrund des Kokosöls zwar kürzer auf dem Hund auf, lassen sich aber trotzdem in der Wohnung nieder. Hier helfen dann meistens nur noch chemische Flohmittel.
Gibt es Hundekrankheiten, die durch Kokosöl gelindert werden können?
Die Studienlage zu Kokosöl als Heilmittel bei Hundekrankheiten ist sehr dünn. Bei Hunden, die unter Demenz leiden, kann Kokosöl positive Effekte haben.
Wie hilft Kokosöl Hunden mit Demenz?
Die mittelkettigen Fettsäuren im Kokosöl sind eine alternative Energiequelle für das Gehirn. Sie können Symptome von Demenz beim Hund lindern und präventiv wirken. Um eine optimale Wirkung zu erzielen, würde ich Ihnen aber zu konzentrierten Produkten raten.
Wie wendet man Kokosöl beim Hund an?
Äußerliche Anwendung: Zum unterstützenden Schutz vor Flöhen, verreiben Sie eine kleine Menge Kokosöl in Ihren Händen und verteilen es im Fell Ihres Hundes.
Kokosöl im Futter: Für die innere Anwendung können Sie dem Hundefutter Kokosöl untermischen. Das geht auch im festen Zustand bei Zimmertemperaturen.
Schützt Kokosöl den Hund vor Parasiten- und Wurmbefall?
Kokosöl zeigt keine ausreichende Wirkung für den Hund bei Parasiten- und Wurmbefall. Für einen ausreichenden Schutz sollten Sie Ihren Hund regelmäßig mit Spezialprodukten wie Halsbändern, Tabletten oder Pflastern prophylaktisch behandeln (lassen). Insbesondere, wenn Ihr Hund viel Kontakt zu Kindern oder immungeschwächten Personen hat, sollte der Wurmschutz sicher sein. Denn ein Wurmbefall kann sich auch auf Menschen übertragen.
Auch vor Krankheiten, die durch Zecken übertragen werden, schützt Kokosöl nicht.
Welche Nebenwirkungen können beim Verwenden von Kokosöl beim Hund auftreten?
Grundsätzlich ist Kokosöl nicht schädlich für den Hund. In hohen Mengen kann sich Kokosöl aber negativ auf die Verdauung des Hundes auswirken. Sollte Ihr Hund Durchfall bekommen, sollten Sie die Dosierung verringern oder ganz auf Kokosöl verzichten.
Bei manchen Hunden kann das Auftragen von Kokosöl auf Haut und Fell zu allergischen Reaktionen wie Hautausschlag oder Rötungen führen.
Kokosöl beeinflusst den Eigengeruch des Hundes. Je nach Hund wird der Geruch unterschiedlich wahrgenommen. Da Hunde intensiv über Gerüche kommunizieren, sollten Sie die äußere Anwendung von Kokosöl deshalb durchaus kritisch hinterfragen.
Beachten Sie, dass Kokosöl einen hohen Energiegehalt hat.
Der hohe Energiegehalt des Kokosöls kann bei Ihrem Hund zu Übergewicht führen.
So berechnen Sie die ideale Futtermenge für Ihren Hund
Alter, Rasse, Geschlecht und Aktivität beeinflussen, wie viel Futter Ihr Hund benötigt. Berechnen Sie die optimale Futtermenge mit dem RINTI Futterrechner.
Wann sollte ich auf Kokosöl für den Hund verzichten?
Für einige Hunde kann sich Kokosöl problematisch auswirken.
1. Hunde mit Magen-Darm-Problemen
Leidet Ihr Hund unter einem empfindlichen Magen-Darm-Trakt, sollten Sie ihm kein Kokosöl verabreichen. Es kann die Probleme fördern und zu Durchfall führen.
2. Hunde mit Diabetes
Diabetiker-Hunde sollten ebenfalls auf Kokosöl verzichten. Die im Kokosöl enthaltenen Fette werden zu Ketonkörpern umgebaut, belasten die Organe zusätzlich und können zu einer Übersäuerung führen.
Wenn Kokosöl zur Gefahr für den Hund wird – Ketonkörper und Diabetes
Ketonkörper sind Nebenprodukte des Fettstoffwechsels. Sie entstehen, wenn dem Körper nicht genügend Glukose (Zucker) zur Energiegewinnung zur Verfügung steht. Ein krankhafter Anstieg der Ketonkörper, der beispielsweise bei Diabetes mellitus durch einen Insulinmangel ausgelöst werden kann, kann zu einer potenziell lebensgefährlichen diabetischen Ketoazidose führen. Dabei übersäuert das Blut.
3. Hunde mit Bauchspeicheldrüsenproblemen
Leidet Ihr Hund unter Bauchspeicheldrüsenerkrankungen, sollten Sie den Fettgehalt der Nahrung gering halten. Auf Kokosöl sollten Sie in diesem Fall verzichten.
4. Arbeitshunde
Arbeitshunden wie zum Beispiel Assistenz- und Diensthunden sollten Sie kein Kokosöl füttern. Es kann ihre Geruchsempfindlichkeit verringern und somit ihre Leistung negativ beeinflussen.
Kokosöl beim Hund: Wann sollte ich mit meinem Hund den Tierarzt besuchen?
Sprechen Sie mit Ihrem Tierarzt, wenn Sie Ihrem Hund Kokosöl zufüttern möchten. Er wägt mögliche Nebenwirkungen individuell ab und steht Ihnen bei Fragen beratend zur Seite.
Leidet Ihr Hund unter Nebenwirkungen wie andauernden Durchfällen, sollten Sie das Füttern von Kokosöl reduzieren bzw. vermeiden.