Zu Hause bei Hundezüchtern – ein Alltag voll Trubel und Verantwortung

Im Interview: Wir sprechen mit einem Züchter-Paar über ihre Weiße-Schäferhund-Zucht und den Züchteralltag

Was machen Züchter eigentlich genau, worauf kommt es bei der Zucht von Hunden an und was sollten angehende Hundehalter über Hunde vom Züchter wissen? Diese Fragen haben wir den Hobbyzüchtern Miriam und Weiyuan Chen gestellt, die seit vielen Jahren Weiße Schäferhunde züchten. Warum ihre Leidenschaft für diese Hunde so groß ist und weshalb es für eine gute Zucht mehr braucht als gute Zuchthunde, das erfahren Sie in diesem Interview.

Miriam und Weiyuan Chen betreiben eine kleine Zucht für Weiße Schäferhunde mit ihrer Hündin Amelie.

Frau Chen und Herr Chen, wie sind Sie zu Ihrer Hundezucht gekommen?

Herr Chen: Ich bin mit Hunden groß geworden. Meine Familie in China hatte schon seit Generationen immer Hunde, das hat mir immer gefallen.

Frau Chen: Mein Mann hat seine Freizeit früher in einem Schäferhundeverein verbracht und dort Trainings beobachtet und unterstützt. So wuchs der Wunsch, selbst Welpen zu haben. Nach dem Kauf unserer Weißen Schäferhündin haben wir uns gedacht, dass wir diese Hunde auch selbst züchten möchten. 

Einige Weiße Schäferhunde werden mit einer ausgeprägten, langen Nasenform und zu wenig Farbpigmenten gezüchtet. Unsere Hündin hat tolle Farbnuancen und eine schöne, natürliche Nasen- sowie Kopfform.

Weiße-Schäferhund-Welpen spielen draußen mit ihrer Mutter auf dem Rasen.
Zuchthündin Amelie

Warum haben Sie sich genau für die Rasse des Weißen Schäferhundes entschieden?

Herr Chen: Mir gefällt beim Weißen Schäferhund besonders gut, dass er dem Wolf noch sehr ähnlich ist – besonders der Körperbau und die spitzen Ohren.

Es ist mir wichtig, dass Hunde ihre natürlichen Merkmale behalten und Züchter nicht unnatürlich bestimmte Merkmale oder Eigenschaften einer Rasse verstärken. 

Vielen Deutschen Schäferhunden wurde beispielsweise ein stark abfallender Rücken angezüchtet, das ist bei Weißen Schäferhunden nicht der Fall.

 

Sie haben eine Zuchthündin – wie oft planen Sie Welpenwürfe?

Frau Chen: Mittlerweile ist unsere Hündin schon etwas älter und wird nicht mehr gedeckt. Früher gab es pro Jahr einen Wurf. Zu oft ist aber nicht gut für die Hündin, denn die Schwangerschaft und das Säugen ist natürlich sehr anstrengend für sie. Ob wir in Zukunft unsere Zucht mit einer neuen Zuchthündin weiterführen, ist noch nicht klar. Die Welpen sind sehr süß, bringen aber auch sehr viel Arbeit mit sich.

Kleine Weiße-Schäferhund-Welpen kuscheln auf einer Decke. Welpen kuscheln sich an ihre Mutter und ein kleines Kind streichelt die Hündin.
Welpen kuscheln sich an ihre Mutter und ein kleines Kind streichelt die Hündin.

Was ist Ihre Aufgabe als Züchter, wenn die Welpen auf der Welt sind?

Herr Chen: Die ersten Wochen nach der Geburt bleiben die Welpen eng bei ihrer Mutter und unsere Aufgabe ist es, ständig zu kontrollieren, ob die Welpen gesund sind. Täglich kontrollieren wir das Gewicht. Nach etwa vier bis fünf Wochen beginnen wir mit kleinen Übungen, zum Beispiel mit Tüchern oder Bällen.

Kleine Weiße-Schäferhund-Welpen spielen mit Tüchern und Bällen.
Kleine spielerische Übungen sind wichtig für die Entwicklung der Welpen.
Kleine Weiße-Schäferhund-Welpen spielen mit Tüchern und Bällen.

Ein Züchter nimmt eine sehr wichtige Rolle bei der Erziehung und Entwicklung der Hunde ein.

Weiße-Schäferhund-Welpen werden durch Übungen und Spiele sozialisiert.
Weiße-Schäferhund-Welpen werden durch Übungen und Spiele sozialisiert.
Weiße-Schäferhund-Welpen werden durch Übungen und Spiele sozialisiert.
Bei Weißen-Schäferhund-Welpen ist es wichtig, dass sie früh sozialisiert werden.

Bei dieser Rasse ist die Sozialisierung in der Anfangsphase besonders wichtig. Werden die Welpen nicht ausreichend sozialisiert, dann neigen sie später dazu, verstärkt sensibel, zurückhaltend und ängstlich zu reagieren. Wir fangen deshalb früh an, mit den Welpen Alltagssituationen zu üben, die stressig werden könnten. In der siebten und achten Woche bedeutet das für uns die meiste Arbeit, denn das ist die Zeit, in der die Welpen am meisten lernen können.

Herr Chen und ein Weißer-Schäferhund-Welpe üben Alltagssituationen in einem Einkaufszentrum.
Es ist wichtig die Welpen schon im Welpenalter mit Alltagssituationen zu konfrontieren.
Herr Chen und ein Weißer-Schäferhund-Welpe üben Alltagssituationen in einem Einkaufszentrum.

Alltagssituationen wie Autofahren mit Hund, Staubsaugen, Begegnungen mit fremden Hunden oder auch mit Kindern unterschiedlicher Altersgruppen gehören ebenfalls zum Training. Die Welpen lernen so typische Situationen kennen, in denen viel Trubel herrscht, und gewöhnen sich daran.

Welche typischen Charaktereigenschaften haben Weiße Schäferhunde und was macht sie so besonders? Kann man diese schon im Welpenalter erkennen?

Frau Chen: Den Charakter von Hunden erkennt man schon im Welpenalter. Besonders, wenn sie miteinander kämpfen. Das ist nur ein Spiel, aber manche Welpen sind da rabiater als andere. 

Herr Chen: Auch beim Fressen zeigen sich die unterschiedlichen Charaktere. Manche sind da deutlich dominanter als andere. Wir machen oft Spiele und Übungen mit Hundespielzeug. Hier zeigt sich, welche Welpen neugierig sind und welche eher zurückhaltend.

Wenn sie ausgewachsen sind, gelten Weiße Schäferhunde als besonders familien- und kinderfreundlich.

Es ist immer sehr toll zu sehen, dass die kleinen Welpen von Beginn an sehr interessiert an Menschen sind.

 

Ein Weiße-Schäferhund-Welpe sitzt auf dem Rasen.
Weiße-Schäferhund-Welpen spielen draußen auf dem Rasen.

Welche Kriterien müssen Interessenten erfüllen, um einen Hund aus Ihrer Zucht aufnehmen zu dürfen?

Herr Chen: Ein Garten ist uns sehr wichtig. Weiße Schäferhunde sind große Hunde, die viel Bewegung brauchen. 

Frau Chen: Ein Garten sichert ihnen Auslauf und Beschäftigung: Es gibt Vögel, die sie beobachten können, oder auch den Wind, der in den Bäumen raschelt. In einer Wohnung ist es auf Dauer sehr ruhig und langweilig.

Bei unseren Käufern ist uns außerdem wichtig, dass sie bereits Hunde gehalten haben. Wenn das nicht der Fall ist, müssen sie uns deutlich machen, dass sie wissen, was auf sie zukommt, wenn ein Welpe bei ihnen einzieht

 

Wo finden Ihre Hunde dann ein neues Zuhause? 

Herr Chen: Unsere Welpen sind in ganz Deutschland verteilt – und ein Welpe ging sogar nach Österreich.

Frau Chen: Einer unserer Welpen ist ein sogenannter Arbeitshund geworden – ein Rettungshund beim Roten Kreuz. Der Käufer hat besonders stark auf die Charakterzüge der Welpen geschaut. Er wollte kein Risiko bezüglich unerwarteter Charaktermerkmale eingehen und hat sich deshalb auch für einen unserer Rassewelpen entschieden. In diesem Fall ist es natürlich auch sehr wichtig, dass es ein ruhiger Hund ist, der auch familien- und kinderfreundlich ist.

Welche Tipps geben Sie frischgebackenen Hundehaltern an die Hand, die einen Ihrer Welpen bei sich aufnehmen?

Herr Chen: Mein erster Tipp ist es, den Hund in den ersten zwei Jahren immer überallhin mitzunehmen. Er lernt so automatisch viele Situationen und Dinge kennen.

Weißer Schäferhund wartet mit Halter am Bahnhof. Weißer Schäferhund geht mit Halter durch den Supermarkt.
Weißer Schäferhund geht mit Halter durch den Supermarkt.
Halter sollten ihren Hund besonders in den ersten zwei Jahren immer dabeihaben.

Der zweite Tipp ist gute Planung. Ein Hund kann vieles lernen, doch das muss geplant werden. Der Hund lernt besser Schritt für Schritt. Plötzliche, starke Veränderungen überfordern ihn. Es ist wichtig, den Hund dann viel zu loben – mit und ohne Leckerli.

Der dritte Tipp ist auch sehr wichtig. Überfüttern Sie Ihren Hund nicht. Die Welpen wachsen sonst zu schnell und die Knochendichte leidet.

Der vierte Tipp ist viel Bewegung. Der Hund darf jedoch nicht überfordert werden und auch nicht unterfordert.

Frau Chen: Ein fünfter Tipp ist aber auf jeden Fall auch, dass Hunde Langeweile tolerieren lernen müssen.

In der Corona-Zeit haben sich viele Menschen Hunde gekauft. Ist die Nachfrage nach Ihren Welpen auch gestiegen? Wie beurteilen Sie diesen Trend?

Frau Chen: Wir hatten in dieser Zeit ebenfalls viele Anfragen, da wir aber keine Würfe mehr haben, hatten wir damit nicht direkt zu tun. 

Ich kann nachvollziehen, dass sich viele Menschen einen Hund gekauft haben, weil sie sich einsam gefühlt oder auch eine Betätigung in der Natur gesucht haben. Man sollte so eine weitreichende Entscheidung aber nie aus einem Moment heraus treffen. Denn wenn sich die eigene Lebenssituation dann wieder ändert, gibt es ein Problem – die Sondersituation passt nicht mehr zur Normalsituation. 

Vielen Dank für das Gespräch!

Sie interessieren sich für weitere Hundethemen rund um Züchter? Muss es ein Hund vom Züchter sein oder vielleicht doch aus dem Tierheim? Erfahren Sie außerdem, was Sie beachten sollten, wenn Sie einen Hund vom Züchter kaufen. Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen!

 

Anmerkung: In der ersten Version des Artikels war auf einem Bild nicht Amelie sondern einer ihrer inzwischen ausgewachsenen Nachkommen zu sehen, das Bild wurde entfernt.

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